Aufgesessen, Anja! by Lise Gast

Aufgesessen, Anja! by Lise Gast

Autor:Lise Gast [Gast, Lise]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Saga
veröffentlicht: 2016-06-05T00:00:00+00:00


... und eine merkwürdige Neujahrsnacht

Der Gottesdienst, zu dem sie gerade noch zurecht kamen, war wunderschön. Die Christbäume in der Kirche waren noch einmal angezündet worden, und statt der Predigt, bei der man sich ja oft langweilte, ließ der Geistliche die Kinder des Dorfes Sprüche und Gedichte aufsagen, für jeden Monat des vergangenen Jahres einen. Auch Kinder von Ausländern taten mit, ihre ein wenig mühsame Aussprache wirkte sehr rührend. Und dann sang die Gemeinde mit den Kindern zusammen das schöne Silvesterlied: „Das Jahr geht still zu Ende.“ Dagmar sagte nachher, das wäre eins ihrer Lieblingslieder, und ohne es wäre es kein richtiger Jahresschluß für sie. Das Ganze war schön und feierlich, und Anja und Petra gingen still neben Dagmar heim, als es zu Ende war. Erst zu Hause fanden sie ihre Lustigkeit wieder.

„Ich bin jetzt Hausfrau und nicht zu sprechen“, sagte Dagmar und band sich eine riesige weiße Schürze um, „ihr könnt inzwischen den Tisch decken und –“

Wumm! fuhr Brumme an ihnen vorbei, die Treppe hinauf. Sie hatte vorher im Flur gelegen und auf die Mädchen gewartet, Zessi neben sich. Oben bellte sie eine Weile wie verrückt. Petra klopfte sich mit dem Zeigefinger an die Stirn.

„Sie ist wohl ein bißchen Lüttüttüh!“ sagte sie nachsichtig. „Na ja, alte Leute werden wunderlich.“

„Vielleicht liegt es an dir! Erst Pußta, die nicht weiterwollte, und jetzt Brumme, die verrückt spielt. Pußta ist ja noch nicht alt“, sagte Dagmar. „Ich nehme die Hunde jetzt mit in die Küche, damit ihr Ruhe habt. Ihr könnt schon anfangen zu füttern.“ Sie öffnete die Küchentür, lockte Brumme und Zessi zu sich und schloß sie wieder. Anja lief die Treppe hinauf, um sich umzuziehen. Für die Kirche hatten sie sich natürlich anders anziehen müssen. Petra ging schon zum Stall hinüber.

Als Anja nach ein paar Minuten auch in den Stall kam, sagte sie: „Du, ich bin vorhin aber erschrocken. Ich komme rauf, ganz allein – Dagmar ist ja in der Küche und du warst schon hier, und beide Hunde bei Dagmar –, da gibt es oben einen lauten Bums. Wo, hab’ ich nicht genau feststellen können, dort geht’s ja um tausend Ecken. Ich bin vielleicht zusammengefahren, sag’ ich dir.“

„Vielleicht ist eine Tür zugefallen“, sagte Petra ziemlich uninteressiert und schob die Karre die Stallgasse entlang, „weil es gezogen hat, oder –“

„Tür zugefallen! Dort oben gibt’s ja gar keine“, sagte Anja beleidigt und holte die Gabel. „Wo soll denn da oben eine Tür zukrachen? Es war ein richtiger Krach, du kannst es glauben. Warte, ich lade auf, und du schiebst weiter. Nein, so was war es nicht. Ich hab’ mich auch umgeguckt, ob irgendwas runtergefallen ist, aber ich wollte doch auch schnell herkommen und dir helfen.“

„Wahrscheinlich spukt’s“, sagte Petra friedlich, „vielleicht ist der Müller uns nachgekommen, der in der Mühle umgeht.“

„Das glaubst du doch selber nicht! Spuk bleibt immer dort, wo er hingehört, also der Müller in der Mühle, oder was meinst du? Ich hab’ jedenfalls mal gelesen, daß es ausgesprochene Spukhäuser gibt. Im Baltikum vor allem gab es die, aber auch in Westfalen und in der Heide.



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